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MOTIV - Digital Interaction Literacy

Sprachbasierter KI-Systeme in der Schule

Die Popularität von Sprachassistenten und Smart Speakern unter Kindern und Jugendlichen ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Die JIM-Studie aus dem Jahr 2022 zeigt, dass 41 % der Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren in einem Haushalt mit einem Smart Speaker leben. Darüber hinaus verfügen 98 % der Haushalte über ein Smartphone und 97 % über einen Computer oder Laptop, die ebenfalls mit Sprachassistenten ausgestattet sind.

Sprachassistenten können eine Vielzahl von Rollen einnehmen, wie z. B. als "Spielobjekte und Spielgefährten, Gesprächspartner und Hausaufgabenhilfe" (Geminn et al., 2020, S. 600). Studien zeigen jedoch auch, dass Kinder Sprachassistenten großes Vertrauen entgegenbringen und sich der Aufzeichnung der Aufnahme nicht bewusst sind (Druga et al., 2018; McReynolds et al., 2017). Daher ist es wichtig, einen reflektierten Umgang mit künstlicher Intelligenz, Sprachsteuerung und fremden Ohren im eigenen Haus frühzeitig in Bildungsangebote einzubeziehen.

Potenzial von Smart Speakern in der Schule

Pultar (2020) beschreibt die Möglichkeiten und Potenziale des Einsatzes von Smart Speakern im Unterricht. Obwohl damit auch einige Probleme einhergehen, sieht er die Chance, Themen wie Datenschutz, Alltagsmedienkompetenz und künstliche Intelligenz im Unterricht zu behandeln.

Insbesondere der Datenschutz sollte in Schulen thematisiert werden, um Kinder und Jugendliche dafür zu sensibilisieren. Schulen sollten die grundlegende Funktionsweise von Smart Speakern und die damit einhergehende Datenübermittlung an Cloud-Dienste so einfach und verständlich wie möglich vermitteln. Eine Möglichkeit besteht darin, die von den Anbietern geschaffenen Möglichkeiten zur Löschung von Audioaufnahmen zu nutzen. Außerdem sollten geräteinterne Einstellungen besprochen und deren Konsequenzen erklärt werden, damit Schülerinnen und Schüler in der Lage sind, diese selbst zu deaktivieren.

Darüber hinaus sollte die Gatekeeper-Rolle von Sprachassistenten adressiert werden, um die Fähigkeit zu fördern, Informationsangebote kritisch zu bewerten. Pultar schlägt vor, Sprachassistenten im Geschichts- und Informatikunterricht einzusetzen, um Schülerinnen und Schüler in die Lage zu versetzen, selbstständig Fragen zu formulieren und die Grenzen von Sprachassistenten kennenzulernen. Dabei kann auch die Tatsache vermittelt werden, dass auf die gleiche Frage unterschiedliche Antworten geliefert werden können.

Schwierigkeiten und Probleme

Da die Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ der Kultusministerkonferenz kein eigenes Fach zur Vermittlung von digitalen Kompetenzen an Schülerinnen und Schüler vorsieht, sondern eine Kompetenzförderung und Einbindung digitaler Medien in allen Fächern anstrebt (KMK, 2017), stellt sich die Frage, an welcher Stelle digitale Kompetenzen zu sprachbasierten KI-Systemen platziert werden können. Zudem sieht die Strategie das Lernen mit und durch die Geräte vor. Dabei liegt der Fokus bislang vor allem auf Computern/Laptops und damit verbundenen Anwendungen. Smartphones und anderen Geräte wie Smart Speaker bleiben dabei außen vor. Der Einsatz von Smart Speaker, um einen kompetenten und sicheren Umgang mit sprachbasierten KI-Systemen zu erlernen, ist dabei auch mit datenschutzrechtlichen und ethischen Problemen verbunden, wie die Tatsache, dass bislang nur kommerzielle Geräte verfügbar sind (Pultar, 2020). So erklärt Amazon in ihren AGBs, dass Minderjährige ihre Produkte „nur zusammen mit einem Erziehungsberechtigten oder Vormund benutzen“ dürfen (Amazon, 2021) und weist damit jegliche Verantwortung von sich (vgl. Geminn et al., 2020).

Daher stellt sich die zentrale Frage, auf welchem Weg Kindern und Jugendliche diese wichtigen Kompetenzen erwerben können. MOTIV beschäftigt sich mit der Erstellung von Lernmaterialien und Umsetzungsideen für eine breite Zielgruppe. Dabei sollen adaptive Trainings entwickelt und kostenfrei angeboten werden. Wichtig für den selbstbestimmten Umgang mit sprachbasierten KI-Systemen bei Kindern ist die Einbindung ihrer Erziehungsberechtigten, da Interaktionen mit den Geräten primär zuhause stattfinden. Wie Szczuka et al. (2021)  in ihrem Bericht zusammenfassen, findet jedoch von Seiten der Eltern bislang wenig Aufklärung statt. Daher ist es ebenfalls wichtig, die Kompetenzen der Eltern zu stärken und ihnen Hilfestellung zu bieten, die mit der Nutzung verbundenen Risiken für Kinder und Jugendliche einfach und verständlich zu vermitteln. 
 

Literatur

Amazon.de. (2021). Allgemeine Geschäftsbedingungen. https://www.amazon.de/gp/help/customer/display.html/ref=footer_cou?ie=UTF8&nodeId=505048

Druga, S., Williams, R., Park, H. W. & Breazeal, C. (2018). How smart are the smart toys?: children and parents’ agent interaction and intelligence attribution. In IDC '18: Proceedings of the 17th ACM Conference on Interaction Design and Children (S. 231–240). Association for Computing Machinery. https://doi.org/10.1145/3202185.3202741

Geminn, C. L., Szczuka, J., Weber, C., Artelt, A. & Varonina, L. (2020). Kinder als Nutzende smarter Sprachassistenten. DuD: Datenschutz und Datensicherheit, 9, 600-605.

KMK. (2017). Bildung in der digitalen Welt. Strategie der Kultusministerkonferenz. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 08.12.2016 in der Fassung vom 07.12.2017. https://www.kmk.org/fileadmin/pdf/PresseUndAktuelles/2018/Digitalstrategie_2017_mit_Weiterbildung.pdf

McReynolds, E., Hubbard, S., Lau, T., Saraf, A., Cakmak, M. & Roesner, F. (2017). Toys that listen: A study of parents, children, and internet-connected toys. In CHI '17: Proceedings of the 2017 CHI Conference on Human Factors in Computing Systems (S. 5197–5207). Association for Computing Machinery. https://doi.org/10.1145/3025453.3025735

Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs) (2022). JIM-Studie 2022. Jugend, Information, Medien. https://www.mpfs.de/fileadmin/files/Studien/JIM/2022/JIM_2022_Web_final.pdf

Pultar, Y. (2020). Möglichkeiten des Einsatzes von Smart Speakern im (Geschichts-)Unterricht: Erste Ansätze. In G. J. Schenk (Hrsg.), Digitale Fachdidaktiken in den Kulturwissenschaften (S. 180-196). TUprints. https://doi.org/10.25534/tuprints-00017204

Szczuka, J., Artelt, A., Geminn, C., Hammer, B., Kopp, S., Krämer, N., Manzeschke, A., Rossnagel, A., Slawik, P., Strathmann, C., Szymczyk, N., Varonina, L. & Weber, C. (2021). IMPACT: Können Kinder augeklärte Nutzer*innen von Sprachassistenten sein? Rechtliche, psychologische, ethische und informatische Perspektiven. Universität Duisburg Essen, Universitätsbibliothek. https://doi.rg/10.17185/duepublico/74238